1971 feierte der Schah des Irans das 2500-jährige Bestehen der Monarchie in seinem Land mit einer Party, die so teuer war, dass sie ihm am Ende seine Krone kostete,

Als der Iran noch ein Kaiserreich war

1971 war die Welt eine andere. Amerikanische Soldaten kämpften in Vietnam, die Schweiz führte das Frauenstimmrecht ein, und der Iran war noch ein Kaiserreich mit einem Schah als Kaiser. Seit dreissig Jahren regierte Schah Mohammad Reza Pahlavi den Iran als Alleinherrscher, nicht willens, seine Macht abzugeben. Der Welt präsentierte sich der Schah gerne als Reformer, der den rückständigen Iran in ein modernes, westliches Land verwandeln würde. Die Realität sah jedoch anders aus, das iranische Volk wurde grausam durch die Geheimpolizei unterdrückt. Unter der Herrschaft des Schahs war der Iran das Land mit den meisten politischen Häftlingen und vollstreckten Todesurteilen in der Welt.

Der letzte iranische Schah Mohammad Reza Pahlavi, liebte Luxus und ging in der Schweiz zur Schule
Der letzte iranische Schah Mohammad Reza Pahlavi, liebte Luxus und ging in der Schweiz zur Schule Von Pahlavi Government - http://iranpoliticsclub.net/photos/U21-Pahlavi1/index.htm, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7807937

Während der Iran trotz der angestrebten wirtschaftlichen Reformen ein rückständiges und armes Land blieb, machten die iranischen Ölvorkommen den Schah zu einem der reichsten Männer der Welt. In seinem Grössenwahn sah der Schah sich in der Nachfolge jener Kaiser, die in der Antike über das riesige Perserreich herrschten. Doch zu Zeiten von Schah Mohammad Reza Pahlavi war der Iran wegen seiner wirtschaftlichen Rückständigkeit längst nicht mehr eine Grossmacht. Dennoch träumte der Schah davon, der ganzen Welt den Glanz und die Macht seines Kaiserreiches vorzuführen. 1971 verwirklichte er seinen Traum. In diesem Jahr jährte sich zum 2500sten Mal der Tod von Kaiser Kyros dem Grossen, dem Begründer der iranischen Monarchie. Dieses Jubiläum bot dem Schah die perfekte Gelegenheit, die Staatschefs und Monarchen der Welt in den Iran einzuladen, um mit ihnen die iranische Monarchie zu zelebrieren. Der Schah beabsichtigte das Jubiläum mit der prunkvollsten Party des Jahrhunderts zu feiern, denn alles andere würde dem Iran und ihm nicht gerecht werden.

Eine Oase in der Wüste wird aus dem Boden gestampft

Als Ort für die Feierlichkeiten wurde Persepolis ausgewählt, die ehemalige Residenzstadt der Herrscher des antiken Perserreichs. Doch 1971 waren von der antiken Residenzstadt nur noch Ruinen übrig, die von nichts als Wüste umgeben waren. Aber genau dort, am Fusse der Ruinen von Persepolis, mitten in der Wüste, in der es mittags bis zu 40°C warm wird, sollten die Feierlichkeiten stattfinden. Kein Aufwand wurde gescheut um Persepolis in ein Paradis wie aus tausend und einer Nacht zu verwandeln. 15'000 Bäume und Pflanzen wurden aus Europa eingeflogen, um durch aufwändige Bewässerungsanlagen eine künstliche Oase in der Wüste zu schaffen, in einem Land, das unter Wassermangel litt. Für die künstliche Oase, die sogar einen Golfplatz beinhaltete, wurden 50'000 Singvögel eingeflogen, die aber innerhalb von wenigen Tagen wegen des Wassermangels starben. Trotz der importierten Bäume blieb die Wüste ein unbehaglicher Ort, in dem es von  Skorpione und Schlangen wimmelte. Um dieses Problem zu Beheben wurden über eine 30 Quadratkilometer grosse Fläche Pestizide versprüht.

Diese Luftaufnahme kurz vor dem Beginn der Feierlichkeiten zeigt die künstlich geschaffene Oase vor den antiken Ruinen von Persepolis
Diese Luftaufnahme kurz vor dem Beginn der Feierlichkeiten zeigt die künstlich geschaffene Oase vor den antiken Ruinen von Persepolis Von Autor unbekannt - http://www.iranian.com/CyrusKadivar/2002/January/2500/16.html, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7497966

In dieser künstlichen Oase sollten nicht nur die Feierlichkeiten stattfinden, sondern auch die eingeladenen Staatschefs und Monarchen untergebracht werden. Dafür wurden 50 Zelte aufgestellt. Das Wort Zelt ist jedoch eine masslose Untertreibung, denn bei diesen Zelten handelte es sich nicht um Zelte für den Campingplatz, sondern vielmehr um klimatisierte Bungalows. Jedes «Zelt» beinhaltete zwei Schlafzimmer, zwei Badezimmer und einen Salon. Diese Gäste-Zelte wurden rund um einen grossen Springbrunnen inmitten der künstlichen Oase aufgestellt. Vor den Gäste-Zelten wurden zwei grössere Zelte aufgestellt, die den Empfangssaal für die Gäste und den Bankettsaal beinhalteten.

In Zelten wie diesem wohnten die Staatsoberhäupter und Monarchen
In Zelten wie diesem wohnten die Staatsoberhäupter und Monarchen Von Autor unbekannt - http://www.iranian.com/CyrusKadivar/2002/January/2500/19.html, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7494281

Obwohl das Jubiläum den Iran und seine Kultur feierte, wurden ausschliesslich, europäische Hersteller von Luxusprodukten mit dem Bau der «Zeltstadt» beauftragt. Für die Verpflegung wurde die französische Gourmetrestaurantkette Maxime engagiert, die während des Festakts für zwei Wochen sämtliche Restaurants schloss. Insgesamt wurden 18 Tonnen Nahrungsmittel, darunter 30 Kilogramm Kaviar und 2500 Flaschen Champagner von Paris importiert. Diese Luxusgüter mitten in die iranische Wüste nach Persepolis zu bringen war eine logistische Herausforderung, mit der die kaiserliche iranische Armee beauftragt wurde. Für die Logistik der Feierlichkeiten wurden extra ein Flughafen und eine Fernstrasse nach Persepolis gebaut. Ausserdem wurden ausserhalb von Persepolis zwei Luxushotels errichtet, um Vertreter der Presse und jene geladenen Gäste, die keine Staatschefs oder Monarchen waren, unterzubringen.

Zu dieser Zeit herrschten im Iran grosse innenpolitische Spannungen, die durch das verschwenderische 2500-Jahr-Jubiläum nur noch mehr angeheizt wurden. Aus Angst vor Anschlägen wurden 65'000 Soldaten der Armee und Angehörige der Geheimpolizei zur Sicherung der Festlichkeiten aufgeboten. Gleichzeitig schloss der Iran für die Dauer des Jubiläums seine Grenzen. Rund 1'500 Personen, die als mögliche Unruhestifter galten, wurden vorsorglich verhaftet. 250 gepanzerte Limousinen wurden angeschafft, um die Gäste sicher vom Flughafen nach Persepolis zu bringen.

Der Festakt

Am 14. Oktober 1971 war es soweit. An diesem Tag landeten die Flugzeuge von 69 Staatsoberhäuptern und Monarchen aus aller Welt. Zu den geladenen Gästen gehörten unteranderem Jugoslawiens Präsident Josep Tito, Rumäniens Diktator Nikolaj Ceausescu und der Diktator des Kongos Mobutu Sese Seko. Der amerikanische Präsident Richard Nixon kam wegen Sicherheitsbedenken nicht an die Feierlichkeiten, liess sich jedoch von seinem Vizepräsidenten Spiro Agnew vertreten. Amerikas Gegenspieler im Kalten Krieg, die Sowjetunion, schickte ihrerseits jedoch Staatspräsident Nikolai Podgony. Ebenfalls eigeladen waren neben weiteren Staatschefs auch der Schweizer Bundespräsident Rudolf Gnägi. Die meiste Aufmerksamkeit galt jedoch den eingeladenen Königen, Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen. Nie wieder sah man so viele gekrönte Häupter zusammen an einem Ort.  Eingeladen waren unter anderem der äthiopische Kaiser Haile Selassie, die Könige und Königinnen von Dänemark, Belgien, Norwegen, Jordanien und Griechenland. Die englische Königin Elizabeth II nahm aus Sicherheitsgründen nicht teil, liess sich aber von ihrem Mann Prinz Philipp vertreten.

Später berichteten Journalisten, wie surreal die Atmosphäre in der Zelt-Stadt war. So residierte der amerikanische Vizepräsident neben dem Zelt des norwegischen Königspaars und gleich gegenüber des Zelts, in dem der Präsident der Sowjetunion wohnte, und nur ein paar Schritte vom Zelt des indonesischen Diktators entfernt. Wenn man all diese teilweise verfeindeten Staatschefs nebeneinander in Persepolis sah, dann schien es, als würde es keinen Kalten Krieg und keine aussenpolitischen Krisen geben.

Am Abend des ersten Tags des Jubiläums gab der Schah ein Bankett für 600 eingeladene Gäste im Bankettzelt der Zeltstadt. Sechs Stunden lang sassen die Staatsoberhäupter und Monarchen zusammen mit dem Schah lang an einem 70 Meter langen Tisch, assen gebratenen Fasan und tranken Champagner aus Kristallgläsern. Die erlesenen Speisen wurden von extra eingeflogenen Servierpersonal aus Frankreich und der Schweiz serviert.

Die Kronleuchter im Bankettsaal waren aus Plastik, da sonst das Zelt unter ihrem Gewicht zusammengestürzt wäre.
Die Kronleuchter im Bankettsaal waren aus Plastik, da sonst das Zelt unter ihrem Gewicht zusammengestürzt wäre. Von Autor unbekannt - https://mashruteh.org/wiki/index.php?title=%D9%BE%D8%B1%D9%88%D9%86%D8%AF%D9%87:ShahanshahiIran2500YearsGuest16m.jpg, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=58428643

Am 15. Oktober 1971, dem zweiten Tag des 2500-Jahr-Jubiläums, paradierten 1'724 Soldaten vor den Ruinen von Persepolis. Die Soldaten trugen Kostüme, die detailgenaue Repliken der Rüstungen waren, welche die iranischen Soldaten in den Tagen von Kyros des Grossen trugen. Auf der Parade wurden sogar die Nachbildungen von drei antiken Galeeren gezeigt. Drei Stunden lang zeigte der Schah den eingeladenen Staatsgästen in der sengenden Hitze der iranischen Wüste, den Ruhm des antiken Perserreiches. Wie das Bankett am Vortag wurde auch die Parade in über 30 Ländern live im Fernsehen ausgestrahlt. Den krönenden Abschluss der Feierlichkeiten bildete am Abend ein grosses Feuerwerk über den Ruinen von Persepolis. Am nächsten Tag, nach nur zwei Tagen, waren die Feierlichkeiten, welche über ein Jahr an Vorbereitungszeit brauchten, zu Ende, und die ausländischen Gäste verliessen den Iran wieder.

Die Militärparade brachte die eingeladenen Gäste trotz Sonnenschirmen zum Schwitzen
Die Militärparade brachte die eingeladenen Gäste trotz Sonnenschirmen zum Schwitzen Von Iran's government - http://www.ir-psri.com/pic/Photos/Photo37_2.jpg, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31818491

Das Ende der Party

Für den Schah war das Jubiläum ein Erfolg. Ihm war es gelungen, der Welt seinen Reichtum und seine Macht zu zeigen. Weltweit wurde in den Medien und vor allem im Boulevard über das Ereignis berichtet. Das Life Magazin bezeichnete das Fest als die grösste Party des Jahrhunderts. Die Schweizer Illustrierte nannte das Jubiläum Milliarden-Dollar Camping. Zum Missfallen des Schahs interessierte sich der Boulevard mehr für die Kleider und den Schmuck, den die Frauen der Staatsgäste trugen, als für den Schah selbst. Natürlich fragte sich die ganze Welt, was das Fest gekostet hat. Offizielle Zahlen dazu gibt es nicht. Schätzungen gehen jedoch von Kosten zwischen 200 bis 300 Millionen US-Dollar aus. Inflationsbereinigt wären das heute zwischen 1,2 und 1,9 Milliarden US-Dollar.

Obwohl Staatsoberhäupter aus aller Welt an dem Jubiläum teilnahmen, fehlte dennoch ein wichtiger Gast: das iranische Volk. Die 2500-Jahr-Feier der iranischen Monarchie sollte der Welt den Ruhm des iranischen Volkes und seiner Geschichte und Kultur zeigen. Doch die Iraner selbst waren komplett von den Feierlichkeiten ausgeschossen. Nach dem Fest war das unterdrückte und in Armut lebende iranische Volk darüber erzürnt, dass der Schah Millionen an Staatsvermögen für ein zweitägiges Fest verschleuderte an dem es nicht einmal teilnehmen durfte. Das 2500-Jahr-Jubiläum kostete den Schah endgültig den ohnehin schon schwindenden Rückhalt im iranischen Volk und war einer der Gründe für seinen Sturz acht Jahre später.

Wie von Persepolis, der einstigen Residenzstadt der antiken iranischen Königen und Kaisern, sind heute nur noch die Ruinen der extravaganten Zeltstadt des Schahs übriggeblieben. Sie sind Zeugen von kaiserlicher Arroganz und Ignoranz gegenüber dem eigenen Volk. Die 2500-Jahr-Feier der iranischen Monarchie kostete den Schah letztendlich nicht Millionen oder Milliarden, sondern sein Kaiserreich. 

Von der 2500-Jahr-Feier sind heute nur die verrosteten Gerüste der Zelte erhalten
Von der 2500-Jahr-Feier sind heute nur die verrosteten Gerüste der Zelte erhalten Von Wvk - Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7610016